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Antisemitismus in Deutschland ausgangs 

des 19. Jahrhunderts

Quellen und Materialien

 

 

Ernst Henrici

( Carl Ernst Julius Henrici)

*10.12.1854 (Berlin)  †10.7.1915 (Döbeln)

 

Ernst Henrici

Eine ausführliche Biographie Henricis nebst einem Verzeichnis seiner Schriften ist enthalten in:

Hoffmann, Gerd: Der Prozeß um den Brand der Synagoge in Neustettin. Antisemitismus in Deutschland ausgangs des 19. Jahrhunderts. Mit einer Einführungsbibliographie und biobibliographischen Anmerkungen zu Ernst Henrici, Hermann Makower, Erich Sello. – Schifferstadt: Gerd Hoffmann Verlag, 1998. 

Darin Angaben zu Henricis politischer Tätigkeit in der "Vorgeschichte" S. 7-49 sowie zu seiner mehr privaten Vita in den "Biobibliographischen Anmerkungen" S. 247-282.

 

 

 

Vita Ernst Henrici

10.12.1854

Geburt in Berlin als siebtes Kind des städtischen Steuererhebers Fr. W. Ludwig Henrici und dessen Ehefrau Wilhelmine, geb. Lüdecke.

1864

Besuch des Friedrichs-Werderschen-Gymnasium in Berlin.

Ostern 1874 Abitur.
11.4.1874 Aufnahme des Studiums an der Friedrichs-Wilhelms-Universität in Berlin.
Okt. 1875 Unterbrechung des Studiums zur Ableistung des Wehrdienstes in Berlin als Einjährig-Freiwilliger.
Juli/Okt. 1876 Reise nach Paris.
Okt. 1876 Fortsetzung des Studiums.
24.1.1877 Henrici gründet mit einem älteren Bruder, dem Gymnasialprofessor, Germanisten und Handschriftenforscher Emil Henrici (*16.2.1852 Berlin †25.4.1925 Altona), in Berlin die „Gesellschaft für deutsche Philologie“.
1877 Preisträger der Philosophischen Fakultät der Friedrichs-Wilhelms-Universität. Thema der Preisaufgabe: " Notkers Psalmenkommentar"
Aug/Nov 1877 Studienreise in die Schweiz und nach Norditalien.
Nov 1877 Tod des Vaters.
23.5.1878 Exmatrikulation von der Friedrichs-Wilhelms-Universität Berlin.
1.6.1878 Verleihung des Titels "Doktor der Philosophie". Veröffentlichung der erweiterten Fassung seiner Dissertation unter dem Titel: „Die Quellen von Notkers Psalmen. Zusammengestellt von Ernst Henrici. Mit Unterstützung des königlich-preußischen Ministeriums der Geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten.“ 
1878 Lehrer an einer privaten Höheren Töchterschule.
März 1879 Reise nach London zu Studienzwecken.
Juni 1879 Vorübergehende Rückkehr nach Deutschland zur Ablegung des Lehrerexamens.
1.9.1879 1. Ehe in London (Clerkenwell Church).
Okt. 1879 Rückkehr des Ehepaares nach Deutschland.
Ende 1879 Beginn des Probejahres als Gymnasiallehrer an der Berliner Luisenstädtischen Realschule.
1880 Beginn Henricis politischer Tätigkeit, zunächst bei der linksliberalen Fortschrittspartei, dann radikal-antisemitisch. Vorträge in Berliner Bezirksvereinen.
Jan 1880 Wahl zum Gemeindevertreter für St. Golgatha (laut Aussage Henricis).
1880 Wechsel an die Höhere Töchterschule "Victoriaschule" in Berlin.
1880 Reise in die Nähe von Züllichau zur Erforschung des dortigen Heinersdorfer Runensteines.
Juli 1880 Verleihung des ersten Preises der Charlottenstiftung durch die Kgl. Preußische Akademie der Wissenschaften für eine Untersuchung über die Werke Luthers.
Aug. 1880 Antisemiten-Petition mit Beteiligung Henricis.
1.11.1880 Kantorowicz-Affäre in Berlin.
Ende 1880? Gründung des „Sozialen Reichsvereins“ durch Henrici.
17.12.1880 „Reichshallenrede“ in Berlin (dazu auch hier in Englisch)
30.12.1880 Rede bei der „Bockversammlung“ in der Berliner Bockbrauerei. 

31.12.1880/

1.1.1881

 

Antisemitische Krawalle in Berlin.
4.1.1881 Entlassung aus dem Berliner Schuldienst wegen antisemitischer Agitation.
13.1.1881 Rede in Berlin: „Was ist der Kern der Judenfrage?“
11.2.1881 Rede in Dresden: „Toleranz und nationale Ehre“.
13.2.1881 Rede in Neustettin (Hinterpommern).
14.2.1881 Rede in Ratzebuhr (Hinterpommern).
17.2.1881 Rede in Berlin: „Wie hat sich die Bevölkerung Berlins bei den bevorstehenden Reichstagswahlen zu verhalten?“.
18.2.1881 Die Synagoge in Neustettin (Hinterpommern) brennt ab. Die jüdische Gemeinde Neustettin wird von Antisemiten beschuldigt, den Brand selbst gelegt zu haben, umgekehrt werden Antisemiten des Brandes beschuldigt. 

11.3.1881

Gründung der „Sozialen Reichspartei“ durch Henrici (Auflösung 1882).
Mai/Okt. 1881 Anläßlich der Reichstagswahlen 1881 Herausgabe des antisemitischen „Reichs-Herolds“.
11.6.1881 Rede in Breslau (Schießwerder-Saal) vor 5000 Menschen.
>11. 6.1881 Veröffentlichung einer  Autobiographie unter dem Pseudonym „Walther Kolmas“.
25.6.1881 Rede Henricis in Bärwalde (Hinterpommern).
26.6.1881 Rede Henricis in Neustettin (evt. am 6. Juni), danach in Ratzebuhr.
17./18.7.1881 Antisemitische Ausschreitungen in Neustettin. Ausbreitung der Exzesse auf benachbarte Landesteile.
Aug. 1881 Agitation Henricis in Köslin und Hammerstein.
Nov. 1881 Agitation Henricis in Pasewalk.
1881 Nach Ausschluß aus dem „Conservativen Central Comitée“ erfolglose Kandidatur bei den Reichstagswahlen als unabhängiger Kandidat im 3. Wahlkreis. Henrici erhält nur 843 Stimmen, sein Gegner Liebermann von Sonnenberg hingegen 6295.
1882 Erstveröffentlichung von Henricis: Boetius. Trauerspiel in fünf Akten. – Berlin 1882.

Juli 1882

Aus Anlaß des angeblichen jüdischen Ritualmords im ungarischen Tisza-Eslar schürt Henrici das antisemitische Gerücht vom Blutmord durch Juden.

18.10.1883 –

22.10.1883

Prozeß in Köslin gegen mehrerer Mitglieder der jüdischen Gemeinde Neustettin wegen Beteiligung an der Brandstiftung ihrer Synagoge. Schuldsprüche.
1883 Veröffentlichung eines antisemitischer Prozeßberichts mit einem entsprechenden Schlußwort Henricis u.d.T.: „Der Neustettiner Synagogenbrand vor Gericht. Schilderung des Processes nebst einem Gedenkwort und einer Schlußbetrachtung von Dr. Ernst Henrici.
1884-1889 Direktor des kaufmännischen „Humboldt-Instituts“ (für moderne Sprachen). Nach anderen, eigenen (nicht belegten) Angaben während dieser Zeit Studium der Rechts- und Staatswissenschaften.
Feb. 1884 Beteiligung in Berlin an der Gründung des antikonservativen und sozialreformerischen „Deutschen Antisemitenbundes“.

29.2.1884-

7.3.1884

Neuer Prozeß in Konitz gegen die am 22.10.1883 verurteilten Mitglieder der jüdischen Gemeinde Neustettin. Freispruch nachdem sich die stark belastenden Aussagen eines antisemitischen Zeugen als unwahr herausstellten.

8.3.1884

Antisemitische Ausschreitungen in Neustettin auf Grund der Konitzer Freisprüche.
6.5.1884 2. Ehe in Berlin mit der 22jährigen Clara Agnes Luise Lehmann.
um 1885 Abtritt von der politischen Bühne.
14.2.1885 Geburt der Tochter Elsa Hedwig Luise.
31.3.1886 Geburt des Sohnes Walt(h)er Ludwig Adalbert.
17.6.1887 Geburt des Sohnes Lothar.
17.7.1887 Erste Schiffsreise in die deutsche Kolonie Togo. Teilnahme an einer Regierungsexpedition ins Landesinnere.
28.10.1887 Rückkehr in Deutschland.
1888 Veröffentlichung von Henricis Reisebeschreibung: „Das deutsche Togogebiet und meine Afrikareise 1887.“
27.1.1888 Gründungsmitglied und Vorsitzender der „Nachtigal-Gesellschaft für vaterländische Afrikaforschung“.
27.3.1888 Vortrag: „Deutschlands Kulturaufgaben in Afrika und die Notwendigkeit schneller Tat auf kolonialpolitischem Gebiet“.
19.4.1888 Vortrag: „Afrika für die Deutschen“.
8.5.1888 Ankündigung der Gründung der Deutschen Togogesellschaft OHG. Zweck: Plantagenbau in Togo. In der vorgesehenen Namensform rechtlich unzulässig.
Juni 1888 Zweite Togoreise mit dem Landschaftsmaler Franz Leuschner (seinem Schwager).
20.7.1888 Ankunft in Togo. Expedition ins Landesinnere zwecks Landkäufen. Gründung einer Plantage in der Nähe von Gaphe (Gapé) an landwirtschaftlich ungeeignetem Platz.
Aug 1888 Reise des Landwirts Chr. Krügers nach Togo zur Unterstützung Henricis. Zerwürfnis der beiden wegen fachlicher Meinungsverschiedenheiten.
19.11.1888 Rückkehr in Deutschland.
Jan. 1889 Dritte Togoreise. Mangel an Geld und Lebensmitteln in Togo.
10.11.1889 Rückkehr in Berlin
22.11.1889 Vortrag: „Reiseerlebnisse, Land und Leute in Deutsch-Westafrika“.
23.1.1890 Gründung der Kommanditgesellschaft „Deutsche Togogesellschaft. Henrici und Genossen.“ Henrici ist persönlich haftender Gesellschafter.
27.2.1890 Vierte Togoreise Henricis. Der Mißerfolg der Plantage tritt offen zutage.
10.11.1890 Regierungskommissar v. Puttkamer meldet den bevorstehenden Niedergang der Plantage nach Deutschland. 
18.12.1890 Auflösung der Deutschen Togogesellschaft. Die Gesellschafter sagen sich von Henrici los.
1891 Veröffentlichung von Henricis: „Lehrbuch der Ephe-Sprache (Ewe).“
Anfang 1891? Die Plantage brennt mitsamt der Wirtschaftbücher und sonstiger Unterlagen ab 
14.3.1891 Henrici muß gegenüber Regierungskommissar v. Puttkamer seine Zahlungsunfähigkeit erklären und einen Kredit zur Heimreise erbitten, nachdem er mit seiner „Prokuristin“ Martha Deskowski mittellos und bettelnd durchs Land gezogen war. Ferner muß er seinen gesamten Besitz in Togo verpfänden und sich verpflichten, noch offene Löhne für die schwarzen Arbeiter in Höhe von 16 800 Mark nach Togo zu überweisen.
20.4.1891 Abreise von Togo.
27.5.1891 Regierungskommissar v. Puttkamer meldet an Reichskanzler v. Caprivi den vollständigen Niedergang des Unternehmens.
1891 Aufenthalt in Venezuela als Vermessungsingenieur beim deutschen Eisenbahnbau.
1892 Aufenthalt in Mittelamerika. Tätigkeit in Costa Rica als Geologe, Wege- und Brückenbaumeister der Regierung und als Kaffeepflanzer.
um 1897 Betreiber einer Urwaldfarm am oberen Aguas Zarcas („am Fuße des Vulkanes Cerro del Congo“).
1902 Maschineningenieur in Baltimore bei dem Eisenwerk Bartlett, Hayward & Co.
Juli 1902 Nachzug der Familie nach Baltimore.
1.5.1903 Preisträger bei den „Kölner Blumenspielen“ mit dem Gedicht „Die Fullahmaid“.
1904 Mitveranstalter des „Baltimorer Blumenspiels“ nach dem Vorbild der Kölner Blumenspiele.
1904 Henrici veröffentlicht seine „Dramatischen Werke“ in Baltimore.
Mai 1905 Heimreise nach Deutschland (über Spanien und Italien).
Anfang 1906 Schwere Erkrankung an Lungenentzündung.
vor Mai 1906 Scheidung von seiner zweiten Ehefrau.
ca. Mai 1906 Lehrer an der Öffentlichen Handelslehranstalt in Leipzig an. Zugleich Lektor an der Handelshochschule Leipzig in den Fächern Italienisch und Spanisch.
13.6.1906 3. Ehe mit der „mischblütigen“, fast 25 Jahre jüngeren Edith Meyer, die er aus den USA mitbrachte.
1907/10 Redakteur der in Leipzig erscheinenden spanisch- bzw. englischsprachigen Exportzeitschriften „El Comprador“ und „Energy“.
1908 Planung eines neuen Togo-Unternehmens.
1908 Veröffentlichung von Henricis: Kolonialwirtschaftliche Aufgaben des deutschen Kaufmanns. Programm.
Herbst 1908 Aufgabe seiner Stellung als Lehrer und Lektor in Leipzig.
29.10.1908 Ankunft in New York zwecks „akademischen Vorlesungen“.
1908/09 Betreiber einer Farm nahe Mechanicsville im südlichen Maryland.
17.6.1909 Henricis Ehefrau wird durch einen Blitzschlag getötet.
Juli 1909 Henrici überführt die Asche seiner Frau nach Leipzig.
5.10.1909 4. Ehe mit Paula Riedel.
1910 Verkauf der Farm in Mechanicsville.
Jan. 1910 Henricis Antrag auf Zulassung zur Habilitation in den Fächern Kolonialwirtschaft und Verkehrswesen an der Universität Leipzig wird abgelehnt.
Nov. 1910 Henrici verursacht einen Skandal durch ein provokatives „Kaiserhochs“ anläßlich der Rede Eduard Bernsteins an der Leipziger Universität.
1911 Betreiber eines „Landwirtschaftlich-Technisches Büro und Laboratorium“ in Klinga bei Leipzig.
1912 Aussichtlose Kandidatur bei den Reichstagswahlen für die sächsischen Konservativen.
1913 Betreiber des „Landpädagogium Klinga“, ein Schülerheim mit Familienanschluß in Klinga.
1913/14 Redakteur der evangelisch-nationalen, antisemitischen „Frankfurter Warte“ in Frankfurt a.M..
27.9.1913 Zeitungsartikel Henricis über eine Rede Rosa Luxemburgs, welcher zu deren Strafverfolgung und Verurteilung führt.
1914 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leipziger Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik. 
Sept. 1914 Hilfslehrer am „Königlichen Realgymnasium mit Höherer Landwirtschaftsschule“ in Döbeln bis zu seinem Tod.
1915 In einem Zeitungsartikel, äußerst Henrici, ein Teil der deutschen Presse habe für einen früheren Friedensschluß plädiert, damit die Juden vom Weihnachtsgeschäft profitieren könnten.

10.7.1915

Tod Henricis.

13.7.1915

Beerdigung Henricis auf dem Niedergottesacker in Döbeln.

16.1.1925

Die Henricistraße in Berlin-Reinickendorf wird angeblich nach Ernst Henrici benannt. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Namensgeber um den Architekten Karl Friedrich WilhelmHenrici. (=>1 , 2, 3)

 

 


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