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Ein später Strauss.
Gedichte von Erich Sello.
(1904)
Die Gardedragoner bei Mars-la-Tour
Von
Erich Sello |
Seht
ihr auf schmucklos harter Bank Im
frostigen Strahl des Morgenlichtes Die
arme Mutter, blaß und krank, Dort
vor den Schranken des Gerichtes? O,
richtet nicht! Das arme Weib Hat
grenzenloses Leid erfahren. Welk
ward ihr Herz und welk ihr Leib, Bleich
ward ihr Haar bei jungen Jahren. Könnt
ihr in ihres Auges Nacht Das
Los der armen Mutter lesen? – Auch
ihr hat einst das Glück gelacht, Auch
sie ist gut wie ihr gewesen. Wie
lag die Welt in rosigem Glanz, Wie
schmolz ihr Herz in brünstigem Beten, Als
sie im schlichten Myrtenkranz Mit
ihm vor den Altar getreten. Er
war so brav, so treu und gut. Wie
hat sie rastlos, ohn Ermatten Gewirkt
mit jugendfrischem Mut Im
Hause des geliebten Gatten. Sie
war sein Trost, sie war sein Licht; Und
kehrt er heim vom Tagewerke, Sog
er aus ihrem Angesicht Zu
neuer Arbeit Mut und Stärke. Da
kam mit leisem Schritt der Tod: Sie
sah des Gatten Mund erblassen. – Er
hat ihr nichts als Kampf und Not Für
sie und für ihr Kind gelassen. Sie
hat gerungen früh und spät, –
Karg ist der Reiche im Gewähren. – Sie
hat gewaschen, hat genäht, Sich
und die Kleine zu ernähren. – Es
war umsonst. Der Hunger kam, Die
Krankheit nahm den letzten Groschen; Sie
hat gekämpft, bis Ehr und Scham In
ihrer matten Brust erloschen. Als
eisig dann durch Mark und Bein Des
Winters rauhe Stürme pfiffen, Da
hat sie in des Hungers Pein An
fremdem Gute sich vergriffen. Kalt
wägt der Richter ihre Schuld; Kennt
das Gesetz die Not der Armen? Der
Himmel aber wird in Huld Der
armen Mutter sich erbarmen. |
Die
Gardedragoner bei Mars-la-Tour. Von Erich Sello |
Tagüber
tobte der heiße Kampf. Die
Märker, das heiße Gewehr in der Hand,
Doch
die Rosse sind müd, und die Arme sind matt, Horch,
die Trompete! Wie ruft sie hell Ein
winziges Häuflein — „Schwadronen, halt!“ — Vor
ihnen hält Oberst von Auerswald. Er,
der sie zum Kampf und zum Sieg geführt, Weit
allen voraus, wies dem. Führer gebührt; Ob
Schrapnell und Granate Verderben spein, — Auf
schnaubendem Roß in den Tod hinein. Was
Wunden, was Tod! In das Kampfgebraus Als
der erste hinein, als der letzte heraus. Treu
bis zum Tod der Soldatenpflicht, — In
der Seite die Kugel, sie kümmert ihn nicht. Strack
sitzt er im Sattel; es scharrt der Rapp, Rot
sickert des Reiters Blut herab. Der
Oberst mustert die tapfre Schar, Sein
Auge umwölkt sich, — wie klein sie war! Doch
ein jeder ein Held, und keiner ein Schelm; — Und
grüßend legt er die Hand an den Helm: „Dragoner!
Ihr rittet brav hinein. Eine
Freude wars. euer Führer zu sein. Ich
reit euch nicht wieder zum Sieg voran, Dragoner,
euch grüßt ein sterbender Mann. — Es
lebe der König! Und ihr, habt Dank.“ — Sterbend der Oberst vom Sattel sank. — Wo man singt and sagt von dem großen Jahr, |
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